1957 herrschte in Deutschland und Frankreich ein sehr wechselhaftes Klima. Nach milden Temperaturen bis zum April gab es vielerorts Fröste bis in den Mai, gefolgt von zwei warmen Monaten, dann kühles Regenwetter bis Ende September und anschließend zum Teil sehr warme Herbsttage. Die Erträge waren relativ gering und in vielen Bereichen konnte nur ein kleiner Anteil vollreifer Trauben geerntet werden. In Bordeaux wurden säurereiche, langsam reifende Rotweine mit viel Gerbstoff und wenig Frucht erzeugt. Die Bedingungen waren günstiger für die edelsüßen Weißweine. Im Vergleich zu Bordeaux hatten die regenreichen Sommerwochen im Burgund weniger negative Auswirkungen für die Rotweine. Auch hier waren die Rotweine allgemein säure- und tanninbetont, aber es gab auch solide und gute Qualitäten, die bei langer Lagerung an Harmonie gewinnen konnten. Noch positiver war dies im Anbaugebiet Rhône. In Deutschland konnte nur noch eine kleine Menge gesunder Trauben von den schönen Tagen im Oktober profitieren. Der Anteil an Spätlesen lag deutlich unter 10% und extraktreiche Auslesen konnten kaum produziert werden. 1957 war ein guter Jahrgang in Italien. Die renommierten Weingüter in Piemont und Toskana konnten in den bekannten Anbauzonen ausgewogene Rotweine mit Substanz erzeugen. Es war ein sehr guter Barolo-Jahrgang.